Maske aus Blut
Eine verschwitzte Haarsträhne klebte an ihrer
Wange und sie strich sie ungeduldig hinters Ohr, während sie hastig
die letzten Bissen vertilgte.
Dieser verdammte Regen! Seit Tagen trommelte er ununterbrochen auf die Wellblech- und Palmdächer, verwandelte die Wege in Morast und sorgte für ständig gereizte Stimmung unter den Menschen in dem kleinen Behelfslazarett. Sunnya hob den Kopf. Sie hatte also doch richtig gehört. Der Hubschrauber setzte zur Landung an. Wieder ein paar arme Schweine mehr, die ihre ganze Hoffnung auf uns setzen. Hoffentlich brachten sie nicht wieder Kinder. Letzte Woche hatte ihnen Captain Andrews eine Handvoll Kinder mit Brand- und Schusswunden gebracht, die er auf dem Weg zum Lazarett in einem zerstörten Dorf eingesammelt hatte. Das Leid der Kinder brachte sie an den Rand der Verzweiflung, denn was sie tun konnten, war nie genug, sondern machte ihr nur bewußt, wieviel sie eben nicht tun konnten. Welcher Teufel hatte sie nur geritten, als sie ihren guten Job in einem texanischen Krankenhaus aufgegeben hatte, um in Vietnam zu dienen? Man lernt eben nie aus....ging ihr durch den Kopf, auch du nicht. Die rotblonde Frau sah aus wie Mitte Dreißig, sie trug nicht ganz vorschriftsmäßig eine dünne Khakihose, die kurzärmelige mattgrüne Bluse war sorglos in den Bund gestopft. Hier trug sie kein Schwert. Sie bewahrte es in ihrer Hütte auf, zusammen mit einigen anderen Waffen, unter dem Bett und gut verpackt gegen die Feuchtigkeit. Ihre Stiefel versanken im knöcheltiefen Matsch, als sie die Hütte verließ, um wieder an ihre Arbeit zu gehen. Sie kam nicht weit.
Der Hubschrauber spuckte seine Ladung aus. Männer in den üblichen Kampfanzügen - nur ohne Rangabzeichen und es waren diesmal keine Verwundeten. Sie trugen Maschinenpistolen, schossen in die Luft und trieben alles, was laufen konnte, mit drohenden Gesten vor sich her zu dem freien Platz, um den sich die armseligen Gebäude drängten. "Los los, raus da!" Der Zweiertrupp durchsuchte eine Hütte nach der anderen. Sunnya stockte und wollte auf dem Absatz kehrt machen, aber Dr. Henry, der schmächtige Arzt aus Illinois, stand hinter ihr, seine Finger krallten sich schmerzhaft in ihren Arm. "Was.. was wollen die? Wer ist das überhaupt?" stotterte er , mehr zu sich selbst als zu ihr. " Auf jeden Fall kein angenehmer Besuch." gab Sunnya zurück, während sie sich aus dem haltsuchenden Griff zu befreien versuchte und das in Sturzbächen vom Dach herabfließende Wasser ihre Bluse durchnässte. Mit einem Blick hatte sie die Fremden eingeschätzt: das waren keine Amateure, sondern Kämpfer, die so etwas nicht zum ersten Mal machten. Einige Vietnamesen, ein lang aufgeschossener schlanker Schwarzer, zwei Chinesen, aber auch einige Amerikaner. Sie sicherten nach allen Seiten, während sie vorrückten und den Kreis schnell enger schlossen. Noch waren die Bewaffneten ein Stück entfernt, die Zeit könnte gerade reichen, um ihre Waffen zu holen.....oder sich in den Wald zu schlagen, der nur wenige Schritte hinter den Gebäuden wucherte. Aber was dann? Die anderen ihrem Schicksal überlassen und sich nicht mehr um sie kümmern? Oder vielleicht ein privater Guerillakrieg, allein gegen alle, in diesem Fall ein gutes Dutzend schwer Bewaffneter, und die Kinder und Verwundeten mitten drin? "Das überlasse ich besser James Bond, der hat immer das Drehbuch auf seiner Seite," murmelte sie in einem Anfall von Galgenhumor. "Wie bitte?" fragte der Arzt irritiert. "Ach, vergessen Sie's". Sie seufzte resigniert, hob die Hände und trat aus dem Schatten des überhängenden Daches, während der Doc noch immer verblüfft an derselben Stelle stand. Dass sie einen Fehler begangen hatte, merkte sie in dem Augenblick, in dem der Buzz sie erreichte und mit der Gewalt vieler Jahrhunderte über ihr zusammenschlug. " Scheiße!" murmelte sie unfein, aber aus tiefstem Herzen.
Methos war in bester Stimmung. Er hatte ein entspannendes Bad hinter sich, lag in einen flauschigen dunkelblauen Bademantel eingewickelt auf dem Sofa, neben sich eine Flasche Bier, ein Schinkensandwich und sein derzeitiges Lieblingsbuch. Das Leben war schön und alle Götter, falls es sie denn gab, sollten vor Neid erblassen. Sein Appartement lag hoch über den Dächern von Vancouver und kostete ihn ein Vermögen. Aber Dr. Horst Reimann (at the moment) konnte sich das leisten, grinste er in sich hinein. Es lebte sich nicht schlecht als Musikproduzent. An den Wänden hatte er einige erlesene Stücke aus seiner Vergangenheit hängen, aus allen Teilen der Welt. Nichts Verfängliches, so dass ein unerwarteter Besucher nur über seinen guten Geschmack staunen würde anstatt auf dumme Gedanken zu kommen. Er streckte sich wohlig, genoß den weichen Stoff auf der Haut und döste langsam ein.
Ein schepperndes Klirren riß ihn nach wenigen Minuten aus seiner Ruhe und mit wilden Blicken suchte er das Zimmer ab, während er in einer fließenden Bewegung aufsprang, seine Hand um den Schwertgriff schloss und Kampfstellung einnahm. Es gab keinen Buzz und alles war wieder ruhig wie vorher. Nachdem er die Wohnung erfolglos abgesucht hatte, legte er das Schwert neben sich auf den Boden und wickelte den Mantel fester. Dann fiel sein Blick auf die Stelle an der Wand, die bis vor wenigen Sekunden noch ein prachtvoller silberner Halsreif geziert hatte. Das torqueähnliche Schmuckstück lag auf dem Fußboden, Methos bückte sich, hob es auf und sah die wenigen Wassertropfen über das gehämmerte Silber rinnen.... " Nass?" er nahm ein wenig mit der Fingerkuppe auf und leckte daran. Der Tropfen war warm und salzig. Wie Tränen....... Seine Hand schloss sich um den fast 1200 Jahre alten Reif , die Kanten drückten schmerzhaft in seine Handfläche. Den Kopf an die Wand gelehnt, saß er auf dem Boden, seine Augen waren auf einen fernen Punkt in der Vergangenheit gerichtet und er sah ihr Gesicht wieder vor sich, als sich die Wikingerin lächelnd von ihm verabschiedete, den Reif in seine Hand legte und sagte: "Diesmal gebe ich ihn dir freiwillig. Behalte ihn. Er ist in der Schmiede der Götter für mich gemacht worden und er wird uns verbinden." Seitdem hatte ihn dieses Band begleitet und jedesmal, wenn sie sich trafen, legte er ihr, wie bei einem Ritual, den Reif wieder an, als ob er damit gutmachen wollte, dass er den Schmuck bei ihrer ersten Begegnung von ihrem Hals gerissen hatte. Oder als ob er sie jedesmal aufs neue als sein Eigentum kennzeichnen wollte.
Ein Dutzend Schritt hinter den Söldnern folgte ihr Anführer. Er trug keine Uniform, sondern war in T-shirt und Hose aus leichter schwarzer Baumwolle gekleidet. Die kurzen dunklen Haare standen zu Berge und schimmerten vor Nässe, in der Armbeuge lehnte die kurzläufige, bösartig aussehende Maschinenpistole. Ein Schwertgriff ragte seitlich hinter seinem Nacken hervor, denn er trug seine Waffe nicht am Gürtel, sondern in einer Rückenscheide. Seine Erscheinung wäre, davon abgesehen, nicht besonders auffällig gewesen, hätte sich nicht eine grausame Narbe über sein Gesicht gezogen, die die Augenbraue teilte, über das Augenlid und bis zur Wange reichte. Das eher durchschnittliche Gesicht erhielt dadurch einen archaischen, ungemein gefährlichen Ausdruck, der von den wachen, intelligenten Augen und einem sarkastischen Zug um den Mund unterstrichen wurde. Jetzt huschten diese Augen über die zusammengedrängten Lazarettbewohner, die Männer und Kinder streiften sie ohne erkennbare Anteilnahme und verweilten nur auf den wenigen Frauen etwas länger, denn er suchte eine Frau. Er wollte eine ganz bestimmte Frau. Ein Lächeln hob seine Mundwinkel und machte weit unterhalb seiner Augen halt, als er Sunnyas suchendem Blick begegnete, die wie alle anderen mit erhobenen Händen im Regen stand, und das Erkennen in ihren Augen aufzucken sah. Bereitwillig machten ihm seine Männer Platz, als er sich durch die Reihe schob und sich 2 Schritte vor Sunnya aufbaute. Betont langsam und aufdringlich musterte er sie von den Fußspitzen bis zum Scheitel, registrierte die Spannung in ihrem Körper, die sich in den wenigen Sekunden aufgebaut hatte und zu gerne in einem Kampf Schwert gegen Schwert entladen hätte, sah lange in ihre Augen und nickte verständnisvoll, als hätte er genau das erwartet, während sein Blick kalt erwidert wurde. "Das ist sie also." Und zu den Söldnern gewandt: "Sperrt die anderen ein, verrammelt die Fenster und Türen, bewacht sie und sichert nach außen. Die da will ich sprechen, wir nehmen die Hütte da drüben." Er wandte sich ab, ohne sich umzusehen. Kronos wußte auch so, dass seine Anordnungen ohne Zögern und aufs Genaueste ausgeführt wurden. Sunnya beugte sich zu Dr. Henry und raunte ihm zu: "Verhindern sie eine Panik, beruhigen Sie die anderen, dann kann alles noch gut ausgehen. Die wollen nur mich." Bevor er fragen konnte, was denn zum Teufel sie von einer Krankenschwester wollen könnten, trat der große Schwarze, in dessen Ahnenreihe sie einige kräftige Massai vermutete, hinter sie, klickte eine Handschelle um ihr Handgelenk, bog ihr die Arme auf den Rücken und ließ auch die zweite Schelle zuschnappen. Er tat dies zu ihrer Verwunderung ohne übermäßige Brutalität oder Grobheit, dann packte er ihren Oberarm, um den seine Finger mühelos herumreichten, und schob sie in die Hütte, in der sie eben noch ihr Mittagessen eingenommen hatte.
Kronos hatte es sich auf einem Stuhl bequem gemacht, die Füße auf den Tisch gelegt und biß in einen der übriggebliebenen Äpfel. Er hatte nur wenig Zeit, um zu bekommen, was er wollte, aber das bereitete ihm nicht wirklich Sorgen. Sie hatten die Möglichkeit, den Funkverkehr abzuhören und könnten rechtzeitig verschwinden, sollten sich Truppen nähern oder die Kampfhandlungen näher rücken. Außerdem hatte er noch nie lange gebraucht, um jemanden zum Reden zu bringen. Die Gerüchte hatten ihm keine Ruhe gelassen, auch wenn sie nur wie Nebelfetzen aus der Dämmerung auftauchten und vom nächsten Windhauch wieder verweht wurden. Gerüchte, die ihm zuraunten, dass es noch einen Unsterblichen auf der Welt gab, der nicht nur viele Hunderte, sondern mehrere Tausend Jahre alt sein sollte. Die ihn als Einzelgänger schilderten, der aber auf eigenartige Weise mit einer Frau verbunden wäre, einer Unsterblichen, die ihre Abstammung von den alten Göttern des Nordens herleitete und die er immer wieder traf. Mal nur alle hundert Jahre, dann wieder öfter, für ein paar Wochen, Monate oder auch nur Tage. Wenn jemand wüßte, wo dieser Mann zu finden sei, dann nur sie. Wenige Einzelheiten waren bekannt, z.B. dass sie mit Vorliebe ein Schwert aus der Wikingerzeit benutzte und ein besonderes Kennzeichen in Form einer Brandnarbe an verdeckter Stelle haben sollte. Viele solcher Puzzlestückchen hatte er zusammengetragen, um die Identität dieser Frau festzustellen, und ganz langsam hatte sich eines zum anderen gefügt. Sie hatte sich Sigrun genannt, später Roxanne, dann Magali, und heute eben Sunnya Norstann. Ein zufriedenes Lächeln ließ sein Gesicht beinah sympathisch erscheinen. Wieder mal hatte sein teuer bezahltes Nachrichtennetz funktioniert und ihren Aufenthaltsort ermitteln können. Methos' Geliebte über Jahrhunderte! Wie romantisch...wer hätte ihm das zugetraut? Das haargenau war der Punkt gewesen, der ihn an den Gerüchten hatte zweifeln lassen. Methos sollte zu solch einer Beziehung fähig sein oder sie auch nur für wünschenswert halten? Aber die Wahrheit zu erfahren war von solcher Wichtigkeit, dass er auch auf die Gefahr hin, einen Irrwisch zu jagen, der Sache auf den Grund gehen musste. Wenn Methos noch lebte - und wenn er ihn finden konnte - dann taten sich ihm ganz neue Perspektiven auf. Dann - endlich - wäre die Verwirklichung seiner Träume in greifbare Nähe gerückt. Seine zweitausend Jahre alten Träume - die Vereinigung der Reiter des Bösen, die Auferstehung der Apokalypse. Hatte er erst einmal Methos, würde sich alles andere finden. Denn sobald er Methos hatte, hatte er auch einen Plan. Nur deshalb hatte er sein befestigtes Lager hinter der kambodschanischen Grenze verlassen, von dem aus er seine zur Zeit äußerst lukrativen Geschäfte abwickelte, und sich dem wenn auch geringen Risiko ausgesetzt, von den Truppen den USA oder des Vietcong ins Visier genommen zu werden. Der Schwarze schob Sunnya herein und drückte sie auf einen Feldstuhl in der Mitte das Raumes. Zwei der mutmaßlichen Amerikaner folgten ihnen und postierten sich wachsam in ihrer Nähe. Einer der beiden war ein Dutzendgesicht, wie sie zu Tausenden am Times Square oder Kudamm an ihr vorbeigelaufen waren. Der andere aber mußte sogar in einer Menschenansammlung auffallen. Er hatte weißblondes schulterlanges Haar, sehr tiefliegende hellblaue Augen und eine Figur, die an einen Tänzer erinnerte. Auf all das war er sichtlich stolz. Seine linke Hand lag auf einer Art Strick, der aufgerollt an seinem Gürtel befestigt war. Die Schnur war aus geflochtenem Leder und hatte einen massiven, ebenfalls mit Leder überzogenen Handgriff. Ein zweiter Blick berichtigte ihre Feststellung: es war kein Seil, es war eine Peitsche, eine von der gemeinen Sorte, in die scharfkantige Metallteile eingeflochten waren und der Kerl spielte ständig damit, als könne er die Finger nicht davon lassen. Die Sekunden dehnten sich zu Minuten, während sich die Stille bleischwer auf sie senkte. Nur Kronos fühlte sich sichtbar wohl, während er sorgfältig den Apfel abnagte. Nach der ersten gründlichen Musterung wandte er den Blick ab und schien sich mehr für die dürftige Inneneinrichtung zu interessieren. Er strahlte eine Dominanz aus, die sich in Jahrhunderten aufgebaut hatte und keiner Betonung durch irgendwelche Gesten bedurfte. Sunnya widerstand der Versuchung, unruhig auf dem Stuhl hin- und herzurutschen und auch dem Drang, als erste das Wort zu ergreifen. Die Erkenntnis, wer ihr da gegenübersaß, hatte sich blitzartig Bahn gebrochen und mit leisem Erschrecken wurde ihr bewußt, dass dieser Mann sie durch seine bloße Anwesenheit einschüchterte und ihre gewohnte Gelassenheit zerstoben war wie eine Schneewolke im Südwind. Also nutzte sie die Zwangspause, um ihre Gedanken zu ordnen und mit lange eingeübter Atemtechnik die flatternde Furcht in ihrem Magen zu bekämpfen.
Der bärtige Riese wirkte auch durch die beiden neckischen, von dicken grauen Strähnen durchzogenen hellbraunen Zöpfe, die vor seinen Ohren baumelten, nicht harmloser. Methos packte Sigruns Arm und versuchte sie samt Pferd hinter sich zu zerren, um den Kerl mit seinem Schwert in der Hand zu erwarten. Diese Reaktion war mehr automatisch als durchdacht, denn wenn je eine seiner Gefährtinnen sich ihrer Haut zu wehren gewußt hatte, dann war es Sigrun. Sie schnitt eine Grimasse, befreite ihren Arm, sprang vom Pferd und rannte auf den Mann zu, der da so unerwartet und mit einer für seine Größe erstaunlichen Lautlosigkeit aus dem Dickicht in ihren Weg getreten war. Der Riese brüllte mit einer tiefen Stimme, die von den Felswänden des Hohlweges widerhallte, ging leicht in die Knie und schwang seine Kriegsaxt im Halbkreis vor sich, bevor er sie mit Schwung in den nächsten Baumstamm grub. Dann breitet er die Arme aus, fing die Frau in dem einfachen Lederharnisch auf und wirbelte sie im Kreis herum, bis ihr der Atem ausging. Während einige abgerissene Gestalten aus dem Dunkel des Laubwaldes zu ihnen traten, grollte er mit bitterernster Miene: "Nun Weib, bitte mich um Gnade, sonst fliegst Du noch bis Sonnenuntergang durch die Luft." Sigrun kicherte und prustete: "Ja, ja... alles was Du willst, Gnade, nur lass mich runter!" "So ist es gut...das kannst Du haben!" Mit einer eleganten Drehung warf er Sigrun dem nächsten in die Arme, der sie gekonnt auffing, umarmte und sachte absetzte. Taumelig durch die Überbeanspruchung ihres Gleichgewichtssinnes, mit seltsam entgleistem Lächeln auf dem Gesicht bewegte sie sich unsicher auf den Riesen zu: "Wulfstan.....dass ich Dich nochmal wiedersehen würde..... den Göttern sei Dank!" Sie umarmten sich und Sigrun ließ sich herzhaft von diesem Wilden abküssen. Methos stand immer noch an derselben Stelle - und hätte jetzt ein Fremder seine Intelligenz anhand des Gesichtsausdruckes beurteilen sollen, wäre er nicht gut dabei weggekommen. Dann drehte sie sich zu Methos um und winkte ihn herbei. "Ich glaube, ich muß euch vorstellen: das ist Wulfstan, Freund meines Vaters und mein Lehrer in der Waffenkunst. Hier steht Thorwald, der Bootsbauer," sie deutete auf einen ebenfalls bärtigen Mann, der die fast schwarzen Haare kinnlang trug und dessen Unterarme von glänzenden Brandnarben bedeckt waren, "und alte Freunde aus meiner Heimat." "Und dies ist mein Gefährte Rainald, ein Franke aus dem Westen des Landes." "Dein Gefährte, ha, und Franke noch dazu?" grinste Wulfstan und musterte den schlanken Mann, wobei sein Blick etwas länger als schicklich in der Lendengegend Halt machte. "Taugt er denn was? Besonders großartige Muskeln hat er ja nicht, und die Franken sind nicht gerade berühmt für ihr Stehvermögen...aber wenn er Dir genügt, mein Mädchen ..." Ehe Methos zu einer Entgegnung ansetzen konnte, drehte sich Sigrun zu ihm herum, zog seinen Kopf zu sich herunter und küsste ihn kurz und fordernd. Dann blinzelte sie ihm zu und grinste: "Sprich, wie ist es, genügst du meinen Ansprüchen?" Methos verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Das rauhe Lachen der Männer löste die letzten Reste der Spannung auf und so beschloß Methos, gute Miene zu dem Spiel zu machen. Scheinbar hatte seine barbarische Geliebte genau so barbarische Landsmänner getroffen. Feixend stieg er ab, fasste die Pferde am Zügel, ließ sich in die Mitte nehmen und so gelangten sie durch die Bäume zu einer kleinen Lichtung, neben der einige Felsen aufragten, einen winzigen Wasserlauf ins Freie entlassend, der sich am Rande der Lichtung nach Westen schlängelte. Methos setzte sich mit dem Rücken an die Felsen, so dass er den Rücken frei hatte - nichts ist stärker als alte Gewohnheiten - und beobachtete das Treiben mit einigem Abstand. Scherzworte flogen hin und her, Erinnerungen, an denen er keinen Anteil hatte, wurden ausgetauscht und er folgte voller Zuneigung dem lebhaften Mienenspiel Sigruns, die er hier zum ersten Mal völlig gelöst und fröhlich erlebte. Wenn die Männer in der rauhen Sprache, die man später altnordisch nennen sollte, mit ihr scherzten oder Fragen stellten, bemühte sie sich, ihn in ihre Antworten einzubeziehen und kehrte zum fränkischen Idiom zurück. Später saßen sie um das kleine Feuer, kauten mit Genuß den Rehbraten und Wulfstan fragte: "Was machst Du hier in der Gegend, ohne Schiff, ohne Mannschaft, ohne Wasser unter dem Kiel?" Ein Schatten fiel auf Sigruns Gesicht und sie sagte nur das Nötigste, während ihr Blick Methos streifte und er für eine Sekunde die Luft anhielt: "Ich habe sie verloren - und weitere Fragen kannst Du Dir sparen, alter Freund." Sie hustete leicht, verlieh ihrer Stimme wieder die nötige Festigkeit und sprach dann weiter, um das betretene Schweigen zu brechen: "Jetzt sind wir auf dem Weg zu einem Freund, der Hochzeit halten will. Aber - das selbe kann ich Dich fragen, Wulfstan. Was macht ihr hier?" Der Riese, dessen Wams über Bauch und Schultern gefährlich spannte, wischte sich das Fett aus dem Bart und zuckte die Schultern: "Die Wikingfahrt war in diesem Sommer nicht so einträglich. Aber dafür trafen wir einen Mann, der einen Auftrag zu vergeben hatte. Wir haben also Helle und drei andere als Bootswache im Hafen bei unserer Knorr gelassen und wollen erst ein bißchen Geld verdienen." Er lachte sie an. "Ehrliche Arbeit, sozusagen." Methos verschluckte sich fast an seinem Bissen. Ehrliche Arbeit, soso....... "Ja, wir trafen also diesen Mann, einen Griechen mit leiser Stimme, einer Narbe übers Gesicht und feinen Kleidern. Er sucht jemanden..... wer ihn findet und ihm das meldet, oder noch besser, ihn gefangen ausliefert, hat für sein Leben ausgesorgt. Der Vorschuss ist auch schon ganz nett, aber nichts im Vergleich zu der Summe, die er uns versprochen hat, falls wir Erfolg haben." Methos erstarrte, während er den Bissen zum Mund führte und der Fleischsaft tropfte heiß auf seine Schenkel. Narbe im Gesicht....brennend stieg die Erinnerung in ihm auf und durchflutete ihn von den Zehen bis zum Kopf. Quatsch, schaltete sich sein Verstand ein, es gibt viele Männer mit Narben im Gesicht. Wieso sollte gerade er es sein? Wulfstan beschrieb unaufgefordert den Mann, den sie suchten. Methos lehnte sich zurück und suchte im Schatten der Felsen dem flackernden Lichtschein zu entkommen, der sein Gesicht von unten beleuchtete, Wangenknochen, Nase und Stirn hervorhob und die Augen zu dunklen Höhlen werden ließ. Sein Herz hämmerte mit jedem Wort stärker gegen seine Rippen und die Befürchtung wandelte sich in Gewissheit. Keiner am Feuer schien sein Unbehagen zu bemerken, nur Sigrun warf ihm einen irritierten Blick zu, fragend die Augenbrauen hebend. Als der Nordmann eine Beschreibung des Auftraggebers, der sich Niarchos nannte, anschloß und hinzufügte, dass der Gesuchte zauberische Kräfte besitzen sollte, was die Heilung geschlagener Wunden betraf und er auf keinen Fall getötet werden durfte, schwand auch der letzte Zweifel. Kronos war wieder da - und er jagte ihn! Der Rest des Abends wurde kaum noch von ihm wahrgenommen, er hatte das Gefühl für seinen Körper, für die Realität um ihn herum verloren, seine Glieder prickelten und fühlten sich seltsam losgelöst voneinander an, als ob die einzelnen Körperteile für sich existierten und unabhängig voneinander funktionieren sollten. Die Gespräche rauschten an ihm vorbei, wie durch dicken Nebel abgeschirmt, sinnloses Geplätscher, ohne Bedeutung für ihn. Nur eines hatte noch Bedeutung: Kronos! Nach einer Ewigkeit oder auch nur einem Herzschlag - ihm schien es gleich - löschten die Barbaren das Feuer und Sigrun nahm ihre Decke, breitet sie ein Stückchen abseits von den anderen aus, klopfte einladend neben sich, Methos ließ sich nicht lange bitten und seine Decke hüllte sie beide ein. Sie lagen fest aneinander geklammert, lauschten auf die langsam ersterbenden Laute der anderen, und sie spürte seine Anspannung so deutlich, als wäre es ihr eigener Körper. Während er still lag, glitten ihre Finger über seine Schultern und Oberarme, zogen die Konturen der Muskeln nach, genossen die glatte kühle Haut und die darunter verborgene Stärke, die sie so gut kannte. Sein Atem ging zögernd, stoßweise, dann packte er ihre Hüften, zog sie an sich und drang ohne Vorbereitung in sie ein. Lange hielt er so still und versuchte ihre Wärme in sich aufzunehmen, um den Eisblock in seiner Brust zum Schmelzen zu bringen. Er zog sich nur zurück, um mit dem nächsten Stoß ihre Tiefe auszuloten. Sie umschloß ihn bereitwillig, teilte ihre Hitze mit ihm und warf sich ihm bei jedem Ansturm entgegen. Trotz aller Leidenschaft spürte Sigrun, dass seine Gedanken sich von ihr entfernten. Heute nacht war ihr Körper kaum mehr als der Anker, der sein völliges Abdriften in die Vergangenheit verhinderte. Sein heißer Atem streifte ihr Ohr, dann biss er in die Stelle am Hals, unter der die Schlagader pulsierte, er konnte den Puls mit seinen Lippen fühlen. Der zarte Biss wurde wilder, saugender im selben Maße, wie seine Bewegungen schneller und härter wurden, Sigrun krallte ihre Nägel in seine Rückenmuskeln und ihre Hüften hoben sich. Mit einem letzten Aufbäumen füllte er sie ganz aus, dann lagen sie erhitzt und nach Atem ringend unter der verrutschten Decke. Das Nachhallen der Gefühle drängte alle Gedanken in den Hintergrund und erst nach endlosen Sekunden, als ihr Atem wieder ruhig ging, flüsterte er: "Auch wenn ich Dich allein lasse, Du bist mein, vergiss das nicht! Eines Tages werde ich Dich rufen und Du wirst zu mir kommen." "Hmmm, ich denke, ich werde gar nicht erst gehen!" schnurrte sie in Methos Ohr und kitzelte ihn mit der Zungenspitze. Er drehte unwillig den Kopf weg und gab deutlich zu verstehen, dass dies nicht die Zeit für Scherze war. Sigrun mußte nicht lange überlegen, um den Finger auf den wunden Punkt legen zu können. Nachdenklich nickte sie. "Also bist Du der, den sie suchen ? Wulfstans Beschreibung war sehr genau." Alles Lächeln war aus ihrer Stimme gewichen .. "Ja. Und sie werden es bald herausfinden. Dann muß ich weit genug weg sein. Und für den Fall, dass Kr... Niarchos selbst mich findet, darfst Du nicht mehr bei mir sein!" "Laß mich Dir helfen. Ich könnte mit ihnen reden......" Sigrun glaubte selbst nicht an das, was sie da sagte. Ihre Freunde waren nicht nur Räuber, sondern auch Geschäftsleute und hatten einen Vertrag geschlossen, der ihnen üppigen Gewinn versprach. Daran ließ sich nicht rütteln, auch nicht durch die Tatsache, dass der >Gegenstand< dieses Vertrages ihr Geliebter war. Das würden sie zwar bedauern, aber das wäre es auch schon gewesen. Wahrscheinlich würden sie ihr Blutgeld anbieten und Thorwald als Tröster in dem Glauben, ein Franke sei eh kein großer Verlust für eine der ihren. "Nein," war alles, was er sagte. Trotz regte sich in Sigrun und sie widersprach ihm erneut: "Na gut, und wenn schon, so fürchterlich kann der Kerl, der dich suchen läßt, doch nicht sein!. Ich fürchte mich nicht, ob er nun Grieche ist oder ..oder..Hunne." Etwas schlimmeres als Hunne wollte ihr partout nicht einfallen. Methos humorloses Auflachen klang viel zu laut in der Stille und ein Waldvogel krächzte, empört über diese Störung seiner Nachtruhe. Einer der Schläfer seufzte und drehte sich auf die andere Seite, der Wachposten hob den Kopf und sah in ihre Richtung. "Du weißt ja gar nicht, wovon Du redest. Er ist nicht schlimm, denn das Wort ist viel zu harmlos , um auf ihn angewendet zu werden. Er ist etwas ganz anderes......er ist das Verderben, er ist der Dämon, der mich seit vielen Jahrhunderten jagt, im Traum und...und ....er ist ein Teil von mir." Seine Stimme wurde leiser und sie mußte genau zuhören, um ihn zu verstehen. "Darum wird er mich finden - eines Tages, vielleicht morgen, vielleicht in hundert Jahren." Er richtete sich auf den Ellbogen auf und packte sie an der Schulter, seine Finger drückten sich tief in ihr Fleisch und schüttelten sie. "Und wenn es geschieht, muß ich alleine sein. Er darf keinen finden, den ich liebe - hörst Du!" Sie blickte verständnislos in den schwarzen Schatten, der sein Gesicht war und suchte seine Augen. "Übertreibst Du es nicht etwas? Ich bin keine dieser ängstlichen Klosterschwestern, über die man jetzt immer öfter stolpert. Ich kann mich meiner Haut wehren, wenn Du Dich erinnerst." Er rollte sich zur Seite, legte den Arm unter den Kopf und starrte in den dunklen Himmel. Die Wolken rissen für wenige Sekunden auf und der Mond spiegelte sich in seinen uralten Augen wie auf dem Grund eines Brunnens. Als er sprach, sah er sie nicht an. "Du bist ein Kind gegen ihn! In einem Kampf hättest Du keine Chance. Zehn Herzschläge....oder zwanzig? Je nachdem, ob er zum Spielen aufgelegt wäre...du weißt schon, wie die Katze mit der Maus. Jeoffrey hat Dich damals einiges über das heilige Buch der Christen gelehrt? Du weißt, was über die Apokalypse geschrieben steht?" Die Wikingerin erlaubte sich ein verächtliches Schnauben. Das fehlte noch, dass sie auf diese Märchen hereinfiel, die dazu dienten, die Starken mit Worten zu unterwerfen, nachdem es mit Waffengewalt nicht mehr gelingen wollte. Sein resignierter Ton aber gefiel ihr gar nicht. "Nun, das hat wie die meisten Sagen einen wahren Kern. Einen äußerst blutigen, in diesem Fall. Er, der mich sucht, war das Herz der Apokalypse. Und der Kopf hat das Herz verraten." Ein eisiger Hauch streifte sie beide wie der Vorbote des Fimbulwinters und Sigrun schmiegte ihr Gesicht in seine Halsbeuge. "Dann .....warst Du der Kopf? Du hast ihn verraten und er verfolgt dich mit seiner Rache?" "Ja. Und wie ich ihn kenne - alle, die mir etwas bedeuten." Er schluckte schwer und streichelte ihre Schulter in dem vergeblichen Versuch, Zuversicht zu vermitteln. Die Trennung von ihr würde ihm schwer fallen, schwerer als alles andere in den letzten Dekaden, aber trotzdem um vieles leichter, als sie an Kronos zu verlieren. Sein Leben würde wieder unstet und einsam werden, so wie in vielen Jahren vorher. Auch wenn sie beide es nie ausgesprochen hatten, liebten sie sich auf ihre Art und er hatte es genossen, nicht immer in Furcht leben zu müssen, dass ihr etwas zustoßen könnte. Die Sterblichen, die er bisher geliebt hatte, waren so leicht zu verletzen und so schutzbedürftig gewesen. Sie waren meist durch Gewalt gestorben, die eigentlich gegen ihn gerichtet gewesen war. Jedesmal hatte er sich so verdammt schuldig gefühlt, hatte Jahre gebraucht, um den Mut zu einer neuen Liebe zu fassen. Aber mit ihr - einige Kämpfe hatten sie Seite an Seite bestritten und er hatte sich durch ihren Anblick so sehr ablenken lassen, dass es ihn einmal fast den Kopf gekostet hätte. Erhitzt, mit Blut bespritzt, loderndes Feuer in den Augen....und das Danach war der Himmel; wenn sie sich liebten, während noch die Erregung des Kampfes durch ihre Adern dröhnte, wußte er, warum es sich lohnte, immer wieder zu überleben. Bis jetzt - genauer gesagt bis heute abend - hatte er gehofft, um sie nicht fürchten zu müssen. Um sich und sie zu schützen, mußte er wieder zu einem unscheinbaren, einfachen Wanderer werden, so auffällig wie ein Sandkorn unter Millionen am Strand des Atlantik. Und dazu musste er allein sein. Als er sicher war, dass Sigrun schlief, stahl er sich davon, wurde zu einem Schatten unter vielen und von den Wäldern verschluckt. Der Wachposten sah demonstrativ in die andere Richtung. Der Franke war kein Verlust. Besser, wenn er verschwand.
Endlich durchbrach Kronos das Schweigen. " Schau mich an!" Sie hob den Blick von den verdreckten Stiefelspitzen des Schwarzen und tat, wie er verlangte. "So. Sie sind also grün." " Was ist grün?" fragte sie, irritiert über die Zusammenhanglosigkeit seiner Feststellung. "Deine Augen, meine Liebe," sagte er, leicht erheitert über ihre Begriffstutzigkeit. "Du bist wohl kaum meiner Augen wegen hier eingedrungen. Ich heiße Sunnya Norstann. Schick Deine Wachhunde weg, laß mich meine Waffe holen und wir gehen ein Stück in den Wald." Lachend schüttelte er den Kopf. "Aber , aber - was denkst Du denn von mir? Natürlich kenne ich Deinen Namen. Und wenn ich richtig rate, kennst Du meinen auch, stimmt's?" Er erhob sich und ging bedächtig um sie herum. Kronos trug die Aura der Gewalt wie einen eleganten Mantel, nicht vergleichbar mit dem samtschwarzen Dunkel einer mondlosen Nacht, sondern von stumpfem, hoffnungslosem Schwarz, das sinnlosen Tod verhieß. Seine Hand legte sich auf ihren Nacken, der durch die kinnlangen Haare nicht ganz bedeckt wurde, und ließ die Fingerspitzen mit leichtem Druck auf und ab wandern. "Entspann Dich. Wir sollten uns doch wie vernünftige Menschen unterhalten. Du kannst Dir sicher denken, was ich von Dir wissen möchte." Mit einer ruckartigen Bewegung entzog sie sich seiner Berührung und fuhr ihn scharf an: "Kann ich nicht! Ich weiß auch nicht , wie Du heißt, es reicht, dass Du bist wie ich. Also lass es uns schnell erledigen - oder ich nenne dich Feigling!" Kronos seufzte bekümmert und schüttelte den Kopf. "Bei allem Respekt, aber Du bist dumm. Warum mußt Du es Dir schwermachen? Hat er Dir nicht genug erzählt über mich?" Er lehnte am Tisch, die Arme auf der Platte aufgestützt und nickte zu dem blonden Amerikaner hinüber. "Das ist Miles. Die meisten machen seine Bekanntschaft äußerst ungern." Miles deutet eine spöttische Verbeugung an, trat auf einem kaum merklichen Wink von Kronos neben Sunnya, packte ihre Bluse am Kragen, riss sie am Rücken auf und zerrte den Stoff auseinander. Dann krallten sich seine Finger in ihre Schultern und drückten sie nach vorne, ein Stück weg von der Lehne des Stuhles. "Ah ja!" meinte Kronos, denn jetzt war er absolut sicher, die Richtige vor sich zu haben. Direkt unterhalb des linken Schulterblattes, eine Handbreit neben der Wirbelsäule, zeichnete sich eine fingerlange, immer noch deutlich erkennbare Narbe ab, deren Form entfernt an einen Hammer erinnerte. "Barbarisch. Wie kann man einen so schönen Rücken nur so zeichnen." Sanft legte er seine Fingerspitzen auf das glänzende Narbengewebe , tastete es ab und strich dann über ihren Rücken, zeichnete jeden Muskel nach und jeden Rippenbogen, um dann mit einem Finger an der Wirbelsäule entlang zu streichen. Dann packte er ihre Haare, zog ihren Kopf Zentimeter für Zentimeter nach hinten, bis jeder weitere Zug den Wirbel brechen würde, neigte sein Gesicht dicht über ihres und zischte: "Damit ist der freundliche Teil unserer Unterredung beendet! Du hast die Wahl: sag mir, wo ich Methos finde, dann verschwinden wir und keinem wird etwas geschehen. Weigere Dich - und Du wirst es bereuen!" Aus kürzester Entfernung starrte sie in schmale graublaue Augen, die eisernen Willen und hemmungslose Grausamkeit ausdrückten. Miles leckte sich über die Lippen und wechselte Blicke mit den beiden anderen Wachen. Wenn der Boss so mit einem "Kunden" sprach, bekamen sie bald Arbeit und diese Arbeit machte ihnen jedesmal wieder eine Menge Spaß.
"Ich kenne keinen Methos!" sagte sie, jedes Wort betonend. "Pech für Dich." Beinah gelangweilt ließ Kronos die Hand sinken, ging zurück zu seinem Stuhl, setzte sich wieder und legte die Handflächen flach vor sich auf den Tisch. "Ihr könnt sie haben. Tut euch keinen Zwang an." Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als Miles die Fetzen der Bluse völlig herunterriß, sie auf die Füße zerrte, herumdrehte, so dass ihre gefesselten Hände gegen seinen Körper gedrückt wurden, und von hinten brutal ihre Brüste umklammerte. Sunnyas erschreckten Ausruf quittierte er zufrieden. "Schaut mal, was so ne Krankenschwester zu bieten hat. Los Mike, zieh ihr die Hose aus." Der Schwarze streckte seine Hände nach ihrem Gürtel aus, als Miles sich mit einem japsenden Schrei vornüberbeugte und erstarrte. "Stop! Wenn Miles noch Wert auf seine Eier legt, dann haltet euch zurück. Ich hab sie gerade richtig in der Hand!" Miles quiekte. "Sie hat recht. Au... ahh.. verfluchtes Stück." Sunnya wäre mit sich zufrieden gewesen, hätte sie Zeit dazu gehabt. Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln, das keines war und Kronos an einen Wolf erinnerte. Er betrachtet interessiert die Szene und beschloß, noch nicht einzugreifen. Eigentlich hatte er so etwas erwartet oder besser, es mit Absicht darauf ankommen lassen. Es war ein Test - für seine Söldner und noch wichtiger, für die Frau, die ihn neugierig machte und die er einzuschätzen versuchte. "Ihr denkt wohl, es beeindruckt mich, von euch hergenommen zu werden?" Sie drehte, riss und quetschte Miles' Hoden noch ein bißchen fester . Natürlich war ihr klar, dass sie sich damit nicht retten konnte, aber das war ihr die Sache wert. Sie hatte es von Anfang an immer vorgezogen, mit fliegenden Fahnen unterzugehen statt auf den Knien zu liegen und um Erbarmen zu jammern. "Ihr überschätzt euch, Jungs! Es macht mir nichts aus! Einmal duschen - und alles ist wie vorher." Die Frau lachte kurz auf, als Miles' Wimmern immer höhere Tonlagen erklomm und die entgeisterten Blicke der beiden anderen ratlos hin- und hergingen. "Und wenn ich mir nicht die Seele aus dem Leib schreie, dann ist es sowieso nur das halbe Vergnügen für euch, hab ich recht? Dann kriegen Typen wie ihr nämlich keinen hoch." Kronos konnte es nicht mehr mit ansehen, seine Stimmung schwankte zwischen widerwilliger Belustigung und Ärger. Seine zu recht gefürchteten Henker zeigten eine enervierende männliche Solidarität und ließen sich hier demoralisieren und vorführen wie Schuljungen. "Deine Ausdrucksweise läßt zu wünschen übrig, meine Liebe." Ansatzlos zuckte seine Hand vor und die Klinge des schmalen Wurfmessers fuhr ihr zwischen die Rippen. Mit einem leisen Seufzen sackte Sunnya zusammen und schlug schwer auf die Bodenbretter. Ihre Augen drückten nicht das geringste Erstaunen aus, bevor sie erloschen. "Laßt das Messer noch stecken!" Seine Bluthunde standen mit betretenem Gesichtsausdruck um ihn herum, nur Miles hockte zusammengekauert auf dem Boden, die Hände schützend über die Hoden gelegt, und wiegte sich leise stöhnend vor und zurück. Diese drei waren auch nur Gesindel, um keinen Deut besser als die anderen vor ihnen! Bisher hatte er eine gewisse Hoffnung in sie gesetzt, sie wußten sogar, dass seine Wunden anders heilten als ihre und hatten bereits einmal seinen Tod und das Wiedererwachen erlebt. Der Mann, der in der Bronzezeit schon Terror verbreiten konnte wie kein anderer, hatte keine Sorge darum, dass sie ihn verraten würden. Sie fürchteten ihn viel zu sehr und ab und zu schürte er ihre Angst, indem er ihnen zeigte, was mit Verrätern geschehen konnte. Eines nicht fernen Tages würde er drei Tote zurücklassen, die ihr Wissen mit ins Grab nehmen würden. Kronos stand über der gefallenen Wikingerin und betrachtete sie nachdenklich. Dann glitten seine Augen suchend durch den Raum. Er war groß genug und die roh behauenen Stützbalken standen in passendem Abstand voneinander fast in der Mitte des Hauses. "Bindet sie aufrecht zwischen die Balken, und zwar Hände und Füße!." Eilfertig und froh, einem Strafgericht ihres Herrn entkommen zu sein, griffen die beiden zu, zerrten die Frau zwischen die Stützen. Der Schwarze hob sie hoch, bis Pete ihre Hände rechts und links an den Hölzern festgezurrt hatte. Dann schnitten und rissen sie ihr die Stiefel und die Hose vom Körper und befestigten die Knöchel sehr sorgfältig mit etlichen Seilmetern an den Holzstreben. Jetzt war Kronos an zwei Dingen interessiert: Wo war Methos? Was faszinierte seinen Bruder an dieser Frau? Konnte sie als Druckmittel dienen, um ihn wieder an sich zu binden? Er würde es bald erfahren. Als er mit dem Werk seiner Männer einverstanden war, zog er mit einem kurzen Ruck das Messer aus ihrer Brust, ging zu Miles hinüber, der inzwischen mit fahlgrünem Gesicht an der Wand lehnte und sich um eine einigermaßen aufrechte Haltung bemühte, aber jeden Blick in die Augen der anderen sorgfältig vermied und wischte es an dessen Uniformhemd sauber. "Du hast gleich Gelegenheit, es ihr heimzuzahlen."
Ihr Kopf zuckte hoch und sie versuchte vergeblich, die Hände auf die schmerzende Stelle in ihrer Brust zu pressen. Das grelle Licht stach ihr in die Augen und sie schloß sie ganz einfach wieder, ließ sich zurückgleiten in das schmerzerfüllte Dämmern mit der vagen Hoffnung, bald aufzuwachen und den hässlichen Traum abschütteln zu können. Kronos' brutaler Schlag mit dem Handrücken traf sie hart ins Gesicht, riss ihre Lippe auf und raubte ihr gleichzeitig diese Illusion. "Beeil Dich ein bißchen mit dem Aufwachen!" Erst jetzt erkannte sie, woran es lag, dass sie sich nicht bewegen konnte und sie musterte aus zusammengekniffenen Augen die Fesseln an ihren Gelenken. Sonst konnte sie wenig erkennen, der Strahl des Handscheinwerfers ließ alles ringsherum in Dunkelheit zurücksinken und blendete sie, auch wenn ringsum noch die dämmrig-grüne Helligkeit eines späten Regennachmittags durch die Fenster drang. Ein hohes Knallen ließ sie zusammenzucken; sie konnte dieses Geräusch nicht einordnen, aber es war ausgesprochen unangenehm. Im nächsten Moment durchfuhr sie ein schneidender Schmerz, der sich von der Schulter bis zu den Rippen zog, begleitet von einem bösartigen Zischen. Leise seufzend stieß sie den Atem durch die Zähne, bog das Kreuz soweit wie möglich durch und erinnerte sich mit einer gewissen Erbitterung der aufgerollten Peitsche an Miles' Hüfte. Sie nutze die Sekunde bis zum nächsten Schlag und rief: "He Narbengesicht, was soll das? Ich kann Dir Deine Frage nicht beantworten .......und Du weißt, dass mich DAS nicht umbringt!" Leises Lachen von jenseits des Scheinwerfers antwortete ihr: "Sicher, ich weiß. Aber es kann Dich an der Schwelle vom Leben zum Tod halten. Wie lange müssen wir Dich peitschen, bis Du redest? Bei einer Sterblichen wäre nach - na , sagen wir 100 wohldosierten Schlägen - exitus und unser Spaß vorbei. Bei Dir müssen wir nur hin und wieder eine kleine Pause einlegen - solange, bis Dir die Antwort auf meine Frage einfällt. " Die nächsten Schläge fielen in Sekundenabstand, zielgenau dahin, wo es am meisten wehtat. Miles ließ die Spitze der Peitsche umschlagen, die dadurch eine vielfache Geschwindigkeit des übrigen Teiles erreichte, oder er schlug quer, nicht nur auf den Rücken, sondern auf Brüste und Bauch, auf die Taille oder die Schenkel. Die scharfen, eingeflochtenen Metallstückchen rissen die Haut auf, bildeten blutige Kontrapunkte zu den roten, teilweise aufgeplatzten Striemen, die das Leder hinterließ. Sunnya versuchte mit langsamen Atmen den Schmerz zu unterdrücken, ihn an einen Platz in ihrem Gehirn zu verbannen, der so tief lag, dass er sie nicht mehr berühren könnte. Sie biss sich auf die Lippen, murmelte zuerst altnordische Flüche und Verwünschungen vor sich hin, bis ihre Konzentration in Stücke geschlagen wurde, sie keine Worte mehr formen konnte und leises Stöhnen von Schmerzensschreien unterbrochen wurde. Es ist eine Sache, tapfer zu sein im Kampf, wenn Du dem Gegner in die Augen schauen, Dein Schicksal beeinflussen kannst und die Waffe in der Hand fühlst; eine ganz andere aber, tapfer zu sein in hilfloser, entwürdigender Stellung, wenn das eigene Blut in klebrigen Bahnen über den Körper rinnt, Deine Kraft mit sich fortschwemmt und Du es auf den Boden tropfen hörst, während Deine Peiniger im Schatten stehen und es genießen. Miles war ein Meister seines Werkzeuges und sobald er ermüdete übernahm Pete seinen Platz. Es gab kaum etwas, was diese beiden mehr erregte als ein sich windender Frauenkörper, der dem Schmerz vergeblich auszuweichen versuchte und sich der Peitsche nur umso mehr entgegenwarf. Sunnya tauchte immer mehr in einen Bewußtseinszustand, in dem nichts mehr existierte außer dem Klatschen der Peitsche und qualvoll grellem Schmerz in einem pulsierenden roten Nebel. Die Wunden hatten keine Zeit zu heilen, bevor der nächste Hieb dasselbe Stück Haut zerriß. Hätte es in ihrer Macht gelegen, so wäre .. sie.. jetzt.. gestorben.
Valhalla the gods await
me Aber das lag nicht in ihrer Macht, obwohl sie es so sehr wünschte. So hing sie eine Ewigkeit lang im wogenden Auf und Ab der Schmerzen, die so dicht aufeinander folgten wie die Wellen an einem stürmischen Tag. Sie sah diese Wellen in türkisblauer Klarheit vor sich und in ihren Tiefen tauchte ein Gesicht auf. Methos' Gesicht, das sie anlächelte, mit leichtem Neigen des Kopfes die Augenbrauen hob, dann sah er wieder verzweifelt zu ihr auf. Er bewegte die Lippen, sprach zu ihr, aber sie konnte, so sehr sie sich auch mühte, seine Worte nicht verstehen und darüber wurde sie entsetzlich traurig. Als die ersten Tränen über ihre Wangen liefen, schlug ein riesiger Hammer, von einer rotblond behaarten, knotigen Faust geschwungen, ins Wasser und zerstörte das Bild darin. Der himmelhohe Schatten des Hammerträgers verdunkelte das strahlende Wasser und im Grollen des Donners, der alles Lebendige in weitem Umkreis zusammenzucken ließ, erkannte sie den Spruch der Götter. Die Tore Walhalls würden ihr noch verschlossen bleiben, denn ihr Kampf war noch nicht zu Ende. Auch die vier Männer in der Hütte waren durch das urzeitliche Krachen in den Wolken aus ihrer Konzentration gerissen worden. Der Nachmittag war fast unmerklich vergangen und das abendliche Gewitter hatte eingesetzt. Eine ganze Weile hatte nichts Bedeutung besessen außer diesem grell angestrahlten, sehr weiblichen und trotzdem muskulösen Frauenkörper, der fast von innen zu leuchten schien und seltsam modelliert wurde durch die rotschimmernden Wege, die das Blut sich gesucht hatte. Kronos' Henker atmeten schwer. Es wurde Zeit. Sie brauchten jetzt ein Ventil und davon gab es ein paar in der Hütte, die ihre Kameraden draußen bewachten. Sie brauchten ein paar Frauen. Die Wikingerin hatte längst nicht mehr Kraft genug, um den Kopf hochzuhalten und es war ihr auch gleich. Er hatte recht gehabt: er hatte sie an die Schwelle des Todes gepeitscht und dort liegen lassen - und das war ein verdammt ungemütlicher Ort. Geschwächt vom Blutverlust und der endlosen Qual ließ sie den Kopf hängen, schmeckte ihr eigenes Blut auf den Lippen und wartete auf den nächsten Schlag. "Genug!" Kronos trat nahe an Sunnya heran, nahm ihren Kopf in beide Hände und hob ihn an. "Wo ist Methos?" Mühsam hob sie die Lider und versuchte den Blick auf Kronos zu richten. "Such ihn doch," murmelte sie kaum verständlich. Ein Schwall Wasser klatschte ihr entgegen, nahm ihr die Luft und brachte sie schockartig zu vollem Bewußtsein. "Wir wollen uns an dir doch nicht die Hände schmutzig machen," sprach die sanfte Stimme des Mannes, den sie nie vergessen würde. Etwas Kaltes, Spitzes bohrte sich unter ihr Kinn und zwang es nach oben. Das Ding wurde zurückgezogen, er holte aus - blinzelnd folgte sie der Klinge mit den Augen und für einen Sekundenbruchteil flackerte eine irrwitzige Hoffnung in Sunnya auf. Die Hoffnung, dass er ihr das schenken würde, was sie sich jetzt wünschte - einen schnellen Tod. Ihre aufgebissenen Lippen, über die winzige grelle Energiefünkchen tanzten, formten automatisch eine tonlose Bitte. Kein Zweifel, er wußte, was in seiner Gefangenen vorging - die Waffe sauste auf sie zu, beschrieb zwei flirrende Bögen und durchschlug die Stricke, die ihre Handgelenke an den Pfosten hielten. Haltlos stürzte sie nach vorne und landete auf den blutgetränkten Bodenbrettern. Ebenso schnell fielen die Stricke an den Fußgelenken. Sie rollte sich mühevoll auf die Seite, die gefühllosen Glieder ignorierend, und sah Kronos mit gepreizten Beinen über sich stehen, ein leichtes überlegenes Lächeln spielte um seinen Mund. Er führte die Klinge zart über ihren Körper, auf dem die Wassertropfen glitzerten, zeichnete die Linie der Arme nach, umkreiste ihre Brüste, senkte die Spitze in den Bauchnabel und weiter in das dunkle Dreieck zwischen ihren Beinen, wo er sie ruhen ließ. Der grelle Scheinwerfer zeichnete seinen Schatten übergroß an die Wand aus grobem Holz, eine Seite seines Gesichtes lag im hellen Licht, das die Narbe über dem Auge scharf hervortreten liess, die andere blieb dunkel und schemenhaft. Sehr sanft sprach er zu ihr: "Ich werde mit dir schlafen, bevor ich dich töte. Du wirst mir alles sagen und du wirst meine Hand küssen, bevor sie dir den Tod bringt. Denn der Tod wird mein letztes Geschenk für dich sein." "Ich weiß. Es ist mir gesagt worden, dass ich durch deine Hand sterben werde," flüsterte sie heiser. Seine Augenbrauen zuckten hoch und verrieten so etwas wie Überraschung. Er glaubte nicht an Weissagungen, aber wenn sie das tat........... "Gut." Das strahlende Lächeln ließ alle seine Zähne sehen, ihr Atem stockte und eine Gänsehaut überlief Sunnya. Eine Sage kam ihr in den Sinn, die schon alt war, als sie geboren wurde: darin wurde von einem Ritter erzählt, der sang und spielte, bevor er seine Feinde mit einem Lachen auf den Lippen in Stücke hieb..........ihr Ziehvater hatte ihr früh eingebleut, dass das die Schlimmsten seien. >Fürchte die, die beim Töten lachen!< Und sie fürchtete sich; das Zittern ihrer Seele erfasste den ganzen Körper - hätten ihre Liebe zu Methos und ihr, wie er es einmal genannt hatte, verstaubter Kriegerkodex eine Kapitulation erlaubt, so hätte sie sich mit allen Konsequenzen ergeben. Leise Selbstverachtung schlich sich mit dieser Erkenntnis in ihr Bewußtsein. War nur so wenig nötig, um sie zu brechen? Nicht mehr als ein paar Schläge und das Lachen eines Dämons? Sunnya atmete tief und zählte dabei bis zehn, um ihre flatternden Nerven unter Kontrolle zu bringen. Ein kurzer Wink von Kronos galt seinen Helfern, die immer noch an derselben Stelle standen und ihre Augen nicht von dem Geschehen lösen konnten.. "Ihr drei - raus jetzt! Holt euch Frauen, aber laßt sie am Leben - vorerst wenigstens." Sie gehorchten sofort und nahmen als letztes das Bild einer blitzende Klinge zwischen den Beinen der Frau mit sich. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, hob Kronos sein Schwert mit beiden Händen, bohrte die Spitze mit einem knirschenden Laut in Sunnyas auf den Bodenbrettern ausgestreckte rechte Hand und nagelte sie an dem Holz fest. Sie schrie auf, die Finger krampften in wahnsinnigem Schmerz, krümmten sich und lagen dann still. Der Mann in Schwarz lächelte noch immer, trat einen Schritt vor und ließ seinen Stiefelabsatz auf die andere Hand niederkrachen, Finger und Handknochen brachen unter der Wucht. Ihr Schrei brach ab und ging in leises Stöhnen über, dass sie genau so wenig zurückhalten konnte wie das aus der frischen Wunde quellende Blut. "Hmmm, schade, ich hatte gehofft, dass Du mich ausziehen würdest, aber so.......ist das leider nicht möglich," meinte er ironisch bedauernd, während er das T-shirt über den Kopf zog und einen schweißglänzenden, von klaren Muskeln geprägten Oberkörper entblößte. Langsam löste er seinen Gürtel, öffnete den Knopf, den Reißverschluss...aber bevor er sich die Hose über die Hüften streifte, kniete er über ihr nieder, tauchte einen Finger in das Blut, dass rund um die aufgespießte Hand eine kleine Lache bildete und bemalte sein Gesicht. Sunnya glaubte erst, er sei jetzt völlig irre geworden, aber die Linien , Spiralen und Kreise formten sich zu einem vollendeten Muster. Die Schreie der Frauen von draußen unterstrichen sein Vorhaben und lenkten sie für einen kurzen Moment von ihm ab. Und dann gab es nichts mehr außer diesem archaischen Gesicht, das so schockierend anders war als vorher und ihre volle Aufmerksamkeit forderte. So anders - und so entlarvend wahrhaftig wie die blaue Bemalung, die sie einmal - nur einmal - an Methos gesehen hatte und die sein Gesicht zur Maske des Todes hatte erstarren lassen. Es war zum Ausdruck all dessen geworden, was die Menschen seit Anbeginn der Zeit gefürchtet hatten, zur Manifestation der Urängste unzähliger Generationen. "Der Tod wird lachend zu dir kommen, die Maske aus Blut birgt den Schrecken der Vorzeit - und es wird keine Entrinnen für dich geben!" Der Runenmeister hatte kreidebleich seine Stäbe in den Beutel zurückgelegt und sie ungläubig angestarrt. Nach vielen hundert Jahren hatte sie seine Worte fast vergessen, aber nun war sie von ihnen eingeholt worden. Ihre gebrochenen Finger streckten sich in ihre urspüngliche Form, knirschten leise und heilten, ohne dass sie es zur Kenntnis nahm. Der dunkle Kopf zog sich langsam von der Fensterkante zurück, der dazugehörige schmächtige Körper duckte sich in den tiefen Schatten und nutze jede Deckung aus, um im Gewirr des Dschungels unterzutauchen. Er wußte, wo Sunnyas Quartier war und sogar, was sie unter ihrem Bett versteckt hatte, denn er war von Natur aus neugierig. Er mochte sie und ihm gefiel gar nicht, was die Fremden mit ihr machten. Kronos betrachtete Sunnya mit zynischem Lächeln, denn er verstand nur zu gut. Die Wirkung war dieselbe geblieben und erfüllte ihn immer wieder mit Genugtuung. So war es immer gewesen. Die Menschen in Angst und Entsetzen - gelähmt durch ihre eigene Furcht. Der dämonische Fremde legte die Hände wie Zangen um ihren Kopf, hielt sie still und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Überflüssigerweise, denn sie hätte den Blick auch sonst nicht von dieser Maske wenden können. "Ich nehme Dich ihm weg, hörst Du?" Seine flüsternde, suggestive Stimme drang in ihr Gehirn und breitete sich aus, überflutete ihr bewußtes Denken. " Solltest Du jemals - und wider alles Erwarten - nochmal bei ihm liegen, wirst Du mein Gesicht sehen und meinen Körper spüren. Er war mein Bruder. Zwischen ihm und mir wurde immer alles geteilt." Jeder Versuch einer Bewegung ließ grellen Schmerz aus der aufgespießten Hand in den Arm schiessen und die andauernde Qual machte sie mürbe. Er lag mit seinem vollen Gewicht auf ihr und sie spürte seine glatte, schweißfeuchte Haut an ihrem Körper und seine heiße Erektion auf ihrem Bauch. Dann schob er sich nach unten, zwängte seine Knie zwischen ihre Beine und drang mit einem gewaltsamen Stoß in sie ein, der sie keuchen ließ. Langsam bewegte er sich, rieb seine Brust an ihr, bis er fühlte, dass sich die Brustwarzen verhärteten. Sein Atem streifte ihre Wange, er ließ sich Zeit, beobachtete und versuchte ein Feuer zu entfachen, gegen das sie sich mit aller Kraft wehrte. Eine Faust hielt ihr Handgelenk am Boden, die andere Hand strich fest und sicher über ihren Leib, zwirbelte und kniff die steifen Brustwarzen, suchte ihren Hügel und schob zwei Finger zwischen die Lippen, um wissend und brutal das heiße Fleisch zu verwüsten. Nach einer Zeit, die ihr endlos erschien, nahm er seine Hand weg, stützte sich für einen Moment hoch und sah auf sie hinunter. Ihr Blick war starr an die Decke gerichtet und die Lippen fest zusammengepresst, winzige Schweißperlen bedeckten Gesicht, Hals und Brust und der Rest eines feinherben Parfüms mischte sich mit dem Blut- und Holzgeruch der Bodenplanken. Er ahnte ihren Kampf, denn er wußte sehr gut, wie zauberisch eine Mischung aus Gewalt, Schmerz und Lust wirken konnte. Die ängstlichen Frauen - sie versanken in Panik, aber manche der Frauen, die die Lust nicht fürchteten und mit dem Raunen des Blutes vertraut waren - sie konnten ihren Körper nicht daran hindern, Verrat zu begehen. Seine Bewegungen wurden drängender, schneller, er stöhnte leise und wußte, dass er sich nicht mehr lange würde beherrschen können. Sunnya fühlte ihre Beine zittern in dem urtümlichen Verlangen, sich um seine Hüften zu schlingen und ihn noch tiefer in sich aufzunehmen. Plötzlich war es fast gleichgültig, dass er ihr Feind war, er war ein Mann - das allein zählte. Eine Tür in ihrem Inneren war aufgestoßen worden, deren Existenz sie längst vergessen hatte und die Gefühle verbarg, die tiefer lagen als ihr Bewußtsein und älter waren als die Vernunft. Hinter dieser Tür glomm noch der Widerschein der längst erloschenen Feuer und der Rhythmus der Trommeln mischte sich mit ihrem Herzschlag. Etwas ähnliches hatte sie schon einmal erlebt, wenn auch freiwillig - vor langer Zeit im heiligen Hain der Götter und auf den Feldern, bei den Feiern zu Ehren Freyrs, beleuchtet von den geweihten Feuern. Damals war es nicht wichtig gewesen, bei wem man lag, es war nicht ein Liebesakt zweier Menschen, es war die rituelle Vereinigung mit der Welt der Götter. Es war der Tribut an das Toben der Elemente. Kronos fühlte das verräterische Beben und leiser Triumph meldete sich. "Komm mit mir!" flüsterte er an ihrem Ohr und küsste die Stelle darunter mit verblüffender Zartheit. Aber diese Freude würde sie ihm nicht machen - und sie wußte auch, wie sie es verhindern konnte. Mit einem wütenden Keuchen warf sie sich halb herum, umarmte ihn, indem sie ihren freien Arm um seinen Nacken warf, krallte ihre linke Hand um die scharfe Klinge seines Schwertes, zog sie daran entlang nach unten und zerschnitt sie bis auf die Knochen. In derselben Sekunde knurrte er vor Zorn und Gier, stieß noch einmal mit aller Macht in sie, krampfte für einen langen Moment und begrub sie unter sich.
Der Mann schlenderte mit nach vorne gesunkenen Schultern und in den Manteltaschen vergrabenen Händen die Strasse entlang und steuerte eine Telefonzelle an. Bevor er sie betrat, sah er sich nochmal unauffällig um, dann holte er die ersten Münzen eines ansehnlichen Vorrates aus den Tiefen seiner Taschen und warf sie ein. Er wählte eine lange Nummer, die er auswendig kannte, und lauschte. Eine weibliche Stimme meldete sich mit einer geschnurrten Begrüßung. Er grinste in sich hinein und meinte: " Ah, ma chere, ich höre, es geht Dir gut. Was mich wirklich freut, aber bei mir mußt Du dir keine Mühe mehr geben. Also laß den Charme ausgeschaltet und hör gut zu." "Ah, mein ältester Freund," kam die merklich kühlere Antwort. " Wer anders als du kann so uncharmant zu mir sein?" "Amanda, es ist wichtig. Hilf mir, dann hast Du einen Gefallen gut bei mir." Er bezähmte seine aufkeimende Ungeduld und trommelte mit den Fingern gegen die Scheibe. " Mais oui, du weißt, eine Hand wäscht die andere. Also, was ist los?" Amanda konnte von einer Sekunde zur anderen umschalten, das frivole Weibchen wurde zur geschäftsmäßigen Unsterblichen, die einen Handel ausmachte. Eine Eigenschaft, die Methos schon immer an ihr bewundert hatte. "Hast Du die Möglichkeit, an einen der US Generäle ranzukommen? Zur Not auch an einen der Vietnamesen. Ich brauche einen Einmarsch in ein Lazarett in Südvietnam." Sie klopfte mit dem Kugelschreiber leicht an ihre Zähne, streifte die Schuhe ab und wackelte mit den wohlgeformten Zehen. "Hhm, ich denke, zwei oder drei würden sich sehr über einen Anruf von mir freuen. Aber warum willst Du ein Lazarett angreifen?" Neugier war bei aller Hilfsbereitschaft eine ihrer größten Schwächen. Wieder ließ Methos seinen Blick nach draußen wandern, die Strasse lag am Hafen und er hatte einen wundervollen Blick nach Westen, dorthin, wo in Kürze die Sonne im Pazifik untergehen würde. Irgendwie konnte er sich heute nicht so recht daran erfreuen. "Eine Freundin scheint im Schwierigkeiten zu sein. Ich will ja keinen Bombenteppich oder Feuerüberfall, er soll einfach ein oder zwei Züge dorthin verlegen und unter irgendeinem Vorwand nach dem rechten sehen. Sie nennt sich Sunnya Norstann. Ich weiß, wo sie ist, und dass es ihr schlecht geht. Mehr nicht." "Sie nennt sich.....eine von uns, ja? Wenn du dich um sie sorgst, dann kann man ihr nur gratulieren, nicht?" kicherte Amanda. "Sag mir, wo sie ist, gib mir deine Nummer und ich rufe dich morgen wieder an. Vielleicht weiß ich dann schon mehr." Er gab ihr die nötigen Informationen, hängte ein und ging mit gesenktem Kopf die wenigen Schritte zur Kaimauer hinunter. Der frische Wind jagte die Wolken über das Meer, zerzauste seine Haare und fröstelnd schlug er den Kragen hoch. So stand er lange, den Blick auf die tief stehende Sonne gerichtet und sah doch etwas ganz anderes als dieses harmlose Naturschauspiel. Das alte Silber des Halsreifes in der Manteltasche fühlte sich heiß an und er tastete mit den Fingerspitzen die Ornamente ab, suchte vergeblich Halt und Rat bei den verschlungenen Tierleibern und Drachenköpfen. Als er sich abwenden wollte, nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr, wo eigentlich keine sein sollte. Eine orangegrau gefärbte Wolke hatte sich unglaublich schnell zusammengeballt, dass Wasser darunter brodelte und hatte die Farbe frischen Blutes; und das Gesicht, dass er darin erahnte, stammte aus einer anderen Zeit, aus einer andern Welt. Und er hatte gehofft, es nie wieder zu sehen. Als er seinen Wagen erreicht hatte, kreuzte er die Arme über dem Lenkrad, legte den Kopf darauf und hörte die Stimme wieder, die er nie ganz hatte abschütteln können.: "Wir haben immer alles geteilt, mein Bruder." Nur kurze Zeit überließ er sich seiner Furcht, dann schluckte er alle Sorge hinunter und startete den Wagen. Mehr konnte er nicht tun.
Amanda blätterte ihr umfangreiches Notizbuch durch und der violette Nagellack schimmerte seidig im Lampenlicht. Dr. Horst Reimann, oder wie er auch heißen mochte, war nicht der Mann, dem man einen Gefallen abschlagen sollte, und so hätte sie auch dann zum Hörer gegriffen, wenn sie ihn nicht gemocht hätte. Amanda hatte ein feines Gespür für Menschen und obwohl sie wußte, dass ihr Freund nicht gerne kämpfte und schon mancher Herausforderung ausgewichen war, wusste sie, dass er erheblich älter war als sie und ahnte seine verborgene Gefährlichkeit. Nein, mit seiner lockeren, harmlosen Art konnte er sie nicht täuschen. Also zog Amanda das Telefon nahe zu sich heran und wählte eine Nummer, die einen Mann auf der anderen Seite des Globus erreichen sollte. General Morrison fühlte sich ziemlich geschmeichelt, dass sie sich seiner erinnerte und zog die Uniformhose zurecht, die beim Gedanken an das Wochenende, dass die schöne Französin demnächst mit ihm in Saigon genießen wollte, plötzlich im Schritt zu spannen begonnen hatte. Den kleinen Gefallen, nach ihrer Freundin zu sehen, wollte er ihr natürlich gerne tun. Er hätte noch sehr viel mehr getan, nur um Amanda bei guter Laune zu halten.
Einige Tropfen der klaren Flüssigkeit liefen an der Nadel entlang , als er die Luft herausdrückte, dann schob er die Spitze in ihre Armvene. "Du wirst keinen Willen mehr haben, weißt Du. Alles, was ich verlange, wirst Du tun und danach würdest du dich dafür hassen - wenn dir noch Zeit dafür bliebe, meine ich natürlich. Ich verdiene viel Geld mit dem Zeug, ich kenne seine Wirkung." Sunnya lachte gepresst auf. " Welch ein Triumph für den Reiter des Bösen! Was willst du dann berichten:>> ich habe die Wikingerin nicht besiegen können, ich musste sie mit Drogen kirre machen? << Ist es das, was dich zufrieden stellt? Du bist ja so einfach zu erfreuen!" Kronos zog die Nadel zurück, betrachtete versonnen den nackten, von Blutspuren übersäten, aber bis auf die an den Boden gespießte Hand wieder unversehrten Körper, der weich und nachgiebig schien und doch einen beachtlichen Starrsinn beherbergte, das erschöpfte Gesicht mit den aufgerissenen grüngrauen Augen, um das sich die schweißnassen Haare ringelten. Trotz allem schien sich auf diesem Gesicht so etwas wie Hohn auszubreiten, stellte er mit Erstaunen fest. Nun, eigentlich war es gleich, wie er sein Ziel erreichte, aber der feine Stachel ihrer Worte würde sich nicht mehr entfernen lassen und mit der Zeit immer mehr wachsen. Nein, er wollte einen vollkommenen, einen befriedigenden Sieg; keinen, der durch die Erinnerung an seinen Trick vergiftet sein würde, sondern den Sieg über ihren Willen, ihre Kraft, ihre Liebe. Sehr bald schon würde er Methos gegenübertreten und ihm erzählen, dass er durch ihren Verrat von ihm erfahren hatte. Er konnte es kaum erwarten, Methos' Gesicht dabei zu sehen. "Du hast ja so recht, meine Liebe!" murmelte er, während er den Kolben der Spitze herunterdrückte und die Flüssigkeit auf den Boden rinnen ließ. Dann packte er sein Schwert, riß es aus dem Holz und gleichzeitig ihrer Hand, krallte seine Faust in ihre Haare und zerrte sie auf die Füße. "Zieh dich an!"
Er schwitzte. Die Hitze legte sich um seinen Körper wie ein Mantel und erschwerte sogar das Atmen. Vergeblich versuchte er sich zu befreien und die Schweißtropfen im Gesicht mit Händen und Armen abzustreifen, aber jede Bewegung war unsagbar mühsam und wurde immer schwerer, je feuchter und heißer es wurde. Sein Mund war trocken wie ein Stück Sandpapier und die Kehle schmerzte beim Schlucken. Dann sah er Licht zwischen den Blättern aufschimmern, das kalte, bewegungslose Licht aus großen Scheinwerfern, die einen kleinen Platz zwischen schäbigen Hütten ausleuchteten. Hier war er noch nie gewesen. Er watete durch die zähe Dunkelheit und bewegte sich mühsam auf dieses Licht zu, fegte Ranken und Zweige aus dem Weg, die ein Eigenleben zu führen schienen und sich an ihn klammerten. Dann öffnete sich das Gewirr aus Blättern und Zweigen und er konnte sehen, was dort vorne geschah:
Der Mann, den er ein Jahrtausend oder länger Bruder genannt hatte, stieß eine gefesselte Frau in zerrissener Bluse und blutfleckiger Hose vor sich her. Es hatte aufgehört zu regnen und sie stand barfuss auf dem aufgeweichten Boden, bis ein Tritt in die Kniekehle sie zu Boden warf.
Der Kreis der Söldner öffnete sich und drei Männer führten weitere Gefangene in die Mitte. Sunnya erkannte einen der amerikanischen Soldaten mit einem dicken Verband um die Schulter, den sie ihm selbst angelegt hatte, eine junge Frau in der landesüblichen dunklen Hose und Bluse und einen Jungen, der höchstens 12 Jahre alt sein konnte. Kronos Stimme war leise und samtweich, und Methos wußte nur zu gut, was folgte, wenn er so sprach. "Sieh mal, Sunnya, ich will niemandem weh tun," meint er beruhigend, lächelte und legte ihr die Hand auf die Schulter, während sein Henker sie am Boden festhielt" aber du zwingst mich dazu. Was ist denn schon dabei, wenn du mir seinen Aufenthaltsort nennst? Ich will ihn nur finden, nicht töten." Sunnya starrte ihn von unten herauf an und glaubte kein Wort. Kronos wirkte ungefähr so beruhigend auf sie wie ein Tiger auf das angebundene Ködertier. "Ich habe das Gefühl, du spielst gerne die Märtyrerin. Ich kannte solche wie dich. Sie glaubten so lange, sich für andere opfern zu müssen, bis ich sie beim Wort nahm." Noch während er sprach, hatte Kronos mit zwei beiläufigen Schritten den US-Soldaten mit der verbundenen Schulter erreicht, zog in aller Ruhe den Dolch und schnitt dem Amerikaner mit derselben gleitenden, fast zärtlichen Bewegung die Kehle durch. Kopfschüttelnd sah er zu, wie sein Opfer Mund und Augen aufriss, die gesunde Hand auf den tiefen Schnitt presste, dann zusammensackte und in einer Blutlache starb. Sunnya schrie auf und nur Miles' Stiefel in ihrer Kniekehle und seine Hände auf ihren Schultern hinderten sie daran, aufzuspringen. Einige Blutspritzer auf seiner Hand wischte Kronos an der Hose ab, dann drehte er sich zu der Wikingerin um und deutete vorwurfsvoll auf den Toten. "Schau, was du angerichtet hast! Das hätte nicht sein müssen." Sie keuchte vor Entsetzen, versuchte wild Miles abzuschütteln und schrie Kronos mit überschlagender Stimme an: "Du Bastard! Halte dich an mich, die anderen haben nichts damit zu tun. Kämpfe endlich mit mir!" "Da ich die Regeln hier bestimme, haben sie damit zu tun, wenn mir das so gefällt. Sieh es doch mal praktisch: warum sollte ich kämpfen? Ich meine, was hätte ich davon? Ehre? Lächerlich, diese Wort bedeutet mir nichts. Gerechtigkeit? Gerecht ist das, was mir nützt. Methos' Aufenthaltsort? Wohl kaum". Er ging auf die Vietnamesin zu, die angstvoll zurückweichen wollte, ohne jedoch dem eisernen Griff des Bewaffneten neben ihr entkommen zu können. Kronos strich über ihre Wange, hob ihr Kinn und sprach versonnen: "Sie ist noch so jung. Es liegt ganz allein an dir, ob sie jetzt stirbt." Mit dem Daumen wischte er eine Träne ab, die dem Mädchen über die Wange lief, während sie das krampfhafte Schluchzen zu unterdrücken versuchte, das sie schüttelte. Nach wie vor sprach er leise, fast sanft, aber der tödliche Wille war so deutlich spürbar wie eine Stahlklinge unter einem Stück Samt. "Ach ja, noch etwas: der Tod des Jungen da war leicht, aber ich denke, wir steigern uns jetzt etwas: Feuer würde ihr gut stehen." Wenn sie das Mädchen retten wollte, musste sie jetzt handeln. Pete näherte sich bereits, einen Kanister Benzin in der Hand und ein widerliches Grinsen im Gesicht. Sie riß die vor dem Körper zusammengebundenen Hände nach oben, schlang sie um den Hals des blonden Peitschenmannes, der immer noch versuchte, sie ruhig und am Boden zu halten, beugte sich dann ruckartig nach vorne und zwang ihn so zu einem Überschlag, der ihn krachend auf dem Rücken landen ließ und die Luft aus seinen Lungen trieb. Sunnya gönnte sich einen Sekundenbruchteil des Triumphes; sie sah die Todesangst im Blick des Mannes aufflackern und ließ sie wie Wein durch ihre Adern rinnen, als er in ihren Augen erkannte, dass ihn die Rache eingeholt hatte. Dann ließ sie ihren angewinkelten Ellenbogen mit konzentrierter Wut auf seinen Kehlkopf niederkrachen, zerschmetterte ihn und brachte dem blonden Sadisten einen röchelnden, qualvollen Tod. Sunnya sprang auf, riss ihre gebundenen Hände hoch, dem schwarzen Himmel entgegen und begrüßte mit einem wilden Schrei die wirbelnde Klinge, die aus dem Dunkel kam und ihre Fesseln zertrennte. Kronos fragte sich später, ob es wirklich das Schwert gewesen war, das die Stricke durchschnitten hatte oder vielleicht doch pure Willenskraft, als die wilde Wut des Nordens erwachte und unter den bröckelnden Schichten der Zivilisation die Wikingerkriegerin zum Vorschein brachte, die sie vor Jahrhunderten gewesen war.
>Methos schnürte es die Kehle zu und er versuchte verzweifelt, sich zu bewegen oder wenigstens zu schreien, um sich bemerkbar zu machen, aber alle Anstrengungen verpufften wirkungslos. Er war gefangen in Hitze und Dunkelheit ohne eine Chance, etwas ändern zu können. Sigrun hatte Methos oft von den Göttern ihres Volkes erzählt, von Odin, der die im Stich ließ, die gestern noch seine Gunst genossen hatten, vom starken, ehrenhaften, zuverlässigen Thor, von Tyr, dem Gott, der seine Hand im Rachen des Wolfes geopfert hatte, von Freya, der hohen Frau, und von Loki, dem schadenfrohen Heimtücker, aber er hatte das immer für Ausgeburten der menschlichen Fantasie gehalten und nicht verstanden, dass sie immer noch an ihnen hing. Er sah sich gehetzt um, denn ihn bedrängte das Gefühl, als sei hier noch jemand anwesend, eine starke Präsenz, die er sich nicht erklären konnte und die sich mit Bildern barbarischer Wildheit in seinen Geist drängte. Was, wenn sie sich doch nicht geirrt hatte? Sollten ihre Götter doch noch am Leben sein - und es hieß, dass die Götter leben, solange die Menschen an sie glauben - sollten sie Einfluss nehmen auf ihr Schicksal? Weiter zu denken wagte er nicht .<
>> Das tiefe Grollen rollte über die grünen, dunstigen Hügel - Thor lachte.<<
Der kleine Mann kauerte am Rande des Lazaretts hinter dem Stamm eines entwurzelten Baumes und konnte nicht glauben, dass er es mit diesem Wurf geschafft haben sollte, die Fesseln zu zerschneiden. Das Schwert blieb zitternd vor Sunnya im Boden stecken und sie erkannte ihre eigene Waffe, das schwere, gegenüber den später entstandenen Klingen primitiv anmutende Wikingerschwert. Alle außer Kronos, Söldner und Gefangene, standen erstarrt wie Marionetten, bei denen die Fäden durchschnitten worden waren; die Unwirklichkeit des Geschehens ließ die Zeit stillstehen und verschluckte jede Bewegung und jeden Laut. Sunnya lachte laut auf und packte das Heft, zog die Waffe aus dem weichen Boden und küsste die Klinge. "Na komm, Narbengesicht, du wolltest mich, jetzt kannst du mich haben. Nur noch du und ich - so wie es sein soll!" Pete, der Mann mit dem Benzinkanister, fasste sich als Erster und näherte sich schnell, aber leise von hinten. Er fürchtete sich nicht besonders vor Schwertern, die er eher für museums- denn für kampftauglich hielt, und wollte nicht warten, bis dieses Miststück eine Schußwaffe in der Hand hatte. Das angstvolle Zucken in den Augen des vietnamesischen Mädchens war Sunnya Warnung genug. Sie wechselte den Griff um das mit Silberdraht umwickelte Heft ihrer Waffe und hielt das Schwert mit ausgestreckten Armen senkrecht vor dem Körper, mit der Spitze nach unten. Ein kaum hörbares Schaben, Stoff auf Stoff, als Pete den letzten Schritt auf sie zu machte, gab ihr das Signal zur Aktion - gleichzeitig mit einem scharfen, zischenden Ausatmen stieß sie die Klinge wenige Millimeter neben ihren Rippen vorbei nach hinten und durchbohrte Petes Brustkorb. Während er noch schrie, riss sie ohne sich umzudrehen die Waffe aus seinem Körper und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Kronos zu. Das war kein Gegner, den man aus den Augen lassen durfte. Sie hörte Petes Körper schwer hinter sich aufschlagen und wußte, dass sie sich um diesen Feind nie mehr würde kümmern müssen. Kronos stand noch immer vor den Gefangenen und sah dem Geschehen zu. Er beobachtete Sunnya wie er ein exotisches Insekt unter dem Mikroskop betrachten würde, sezierend, mit hochgezogenen Augenbrauen und amüsiertem Staunen. Wie sie dort stand, schien sie ihm ein Relikt aus einer anderen, barbarischen Zeit zu sein, in die Fetzen der Bluse gehüllt, die eigentlich nichts mehr verdeckte, barfuß, mit wildem Blick, strähnigen Haaren und gebleckten Zähnen, die schwere, blutige Klinge in beiden Händen, genau auf ihn ausgerichtet. Sie war wohl wirklich der Meinung, ihm standhalten zu können....Wie dumm von ihr! Als er an das schillernde Insekt dachte, hörte er tatsächlich ein leises Brummen, das sich zu nähern schien. Kronos zog mit gleitender, selbstverständlicher Bewegung sein Schwert aus der Rückenscheide und dachte kurz daran, das Mädchen und den Jungen hinter sich umzumähen wie Gras, aber das hätte bedeutet, dieser von so ungesundem Heldenmut gepackten Unsterblichen, wenn auch nur kurz, den Rücken zukehren zu müssen. Auch wenn er nicht glaubte, dass sie diese Chance ergreifen würde, denn das wäre ja gegen die Ehre, wollte er dieses vermeidbare Risiko nicht eingehen. Er grinste spöttisch: "Du suchst also wirklich den Heldentod? Ich hätte dich für klüger gehalten. Mein Bruder hatte immer eine Vorliebe für kluge Frauen. Wie muß er sich geändert haben." Dann drehte er den Kopf zu seinen Söldnern und sprach in knappem Befehlston: "Ihr überlasst sie mir!" Sunnya bewegte sich langsam seitwärts und mit jedem Schritt ein wenig nach hinten, um Kronos vor allem von den beiden Gefangenen wegzulocken. Innerhalb weniger Atemzüge hatte sie ihre Gründe abgewogen und sich entschieden. Wenn sie jetzt die Gelegenheit nutzte und floh, würde sie auch Kronos zur Flucht verhelfen und ihm damit die Möglichkeit geben, immer wieder in ihrem Leben aufzutauchen. Er würde sie bespitzeln, um jeden Kontakt mit Methos aufzudecken und über sie den Weg zu ihm zu finden. Oder er würde sie wieder in seine Gewalt zu bringen versuchen, um mit ihrem Leben Methos zu erpressen, und damit auch Menschen in ihrer Umgebung in Gefahr bringen. Nein, sie würde nicht das Druckmittel spielen, mit dem er seinen "Bruder" wieder unter seinen verderblichen Einfluss bringen konnte. Außerdem wusste sie noch immer viel zu sehr den Geschmack der Rache zu schätzen, die andere Wange sollte jemand anders hinhalten, sie hatte das noch nie getan. Die Schwerter trafen zu einem ersten Abtasten aufeinander, das helle Klirren elektrisierte beide, jagte Adrenalin durch ihre Adern in dem Bewußtsein, dass sie ihrer Bestimmung folgten - der Bestimmung, die alle Unsterblichen unentrinnbar in sich trugen und die sie bei aller Verschiedenheit doch miteinander verband. Die Söldner sprangen zurück, weiteten den Kreis, der die Kämpfer umschloss und sahen fasziniert dem Schauspiel zu, das sich ihnen so unverhofft bot. Die Wikingerin erkannte schnell, dass Kronos viel mehr war als ein gewissenloser Mörder, er war ein excellenter Schwertkämpfer. Seine Bewegungen waren längst nicht so katzenhaft elegant wie die von Methos, aber präzise, blitzartig zustossend wie eine wütende Kobra und so kraftvoll, dass Sunnya ihr Schwert nur beidhändig führen konnte, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, es aus der Hand geprellt zu bekommen. Außerdem hatte er eine größere Reichweite und zwang sie so zu Ausweichmanövern, die sie gefährlich nahe an die Zuschauer heranbrachten. Das alles registrierte sie sachlich kühl, so als ginge es nicht um ihr Leben, sondern um den 1. Preis bei einem Schaukampf. Die Männer um sie herum johlten, feuerten ihren Führer an und gierten nach Blut. Ihres natürlich, nicht seines, obwohl die Stimmung inzwischen so aufgeheizt war, dass es den Söldnern fast gleichgültig zu sein schien, wer hier wen zerfleischte. Ein weit schwingender Rückhandschlag verfehlte nur knapp ihre Kehle und schnitt tief in Sunnyas Schulter. Kronos leckte sich die Lippen, als könne er ihr Blut schmecken und seine Augen funkelten gierig wie die eines Raubtieres. Sie taumelte ein paar Schritte zurück und geriet in Reichweite der Männer. Ein Chinese mit langen schwarzen Haaren, die er mit einem Stirnband gebändigt hatte, ignorierte Kronos Befehl, packte ihre gesunde Schulter und riss sie zu sich herum. Dass dies ein Fehler war, erkannte er im letzten Moment seines Lebens, als die Kriegerin ihn anfauchte, aus dem Schwung der Drehung heraus die Klinge in seinen Unterleib stieß, eine lange klaffende Wunde aufsprang ließ, und während er schreiend zu Boden ging, wieder aus ihm heraus riss. Die übrigen wichen weiter aus und schrien durcheinander. Kronos ließ ihr die Zeit, die die Heilung der Wunde brauchte und rief seinen Männern zu: "Gut, dass sie ihn aufgespießt hat. Sonst hätte ich es selbst tun müssen!" Und dann war es zu identifizieren: das entfernte Brummen klang nun anders, es stammte nicht von irgendwelchen Insekten, es war das ferne Schrappen von Hubschrauberrotoren, nicht nur von einem, sondern von zweien oder dreien. Kronos' Männer erkannten die Gefahr und rannten zu ihrem Hubschrauber. Das vietnamesische Mädchen nahm den Jungen bei der Hand und hastete mit ihm zum nahen Wald, um Schutz im dichten Unterholz zu suchen. Sunnya rannte ein paar Schritte, um Kronos den Weg zum Hubschrauber zu versperren. "Wenn du da rein willst, musst du an mir vorbei!" Sie begann zu ermüden und der schlüpfrige Boden machte die Sache nicht leichter. Dass sie Kronos einen Schnitt quer über den Rücken beibringen konnte, hatte sie allerdings ebenfalls mehr diesem Untergrund und dem Zufall zu verdanken als überlegener Taktik. Er war gut genug, um ihr die kurze Überlegenheit bald wieder aus der Hand zu nehmen und sie erneut in die Defensive zu drängen. Kronos' Waffe war unterhalb des Heftes mit Zacken versehen, die dazu bestimmt waren, die Klinge des Gegners einzufangen und unbrauchbar zu machen. Ein tiefer Hieb des Mannes zwang sie zum Ausweichen, Sunnya rutschte aus, landete unsanft auf einem Knie, der angesetzte Hieb geriet ihr außer Kontrolle und ihr Schwert verfing sich in den Zacken. Mit einem spöttischen Auflachen und einer unendlich oft geübten Drehung riss Kronos das Wikingerschwert aus ihrer Hand und schleuderte es hinter sich. Ein schneller Schritt, dann stand er schräg vor ihr und setzte das Schwert an ihre Kehle, höhnischer Triumph blitzte in seinen dunklen Augen. Die Kriegerin kniete im Schlamm und sah zu ihm auf. Das war es, raunte eine Stimme in ihrem Innern, aber weder Angst noch Verzweiflung wollten sich einstellen, da war nur schmerzlose Gewissheit und Akzeptanz. Wieder setze der unvermeidliche Regen ein, übergangslos fielen die dicken Tropfen dicht an dicht, nahmen den hellen Kupferton von Sigruns Haaren, die ihr nun schwer und nass ins Gesicht hingen, wuschen Blut und Schmutz von ihrer Haut und rannen in winzigen Bächen über Gesicht, Schultern und Brust. Sie leckte die kühlen Tropfen von ihren Lippen und genoss die feuchte Frische in ihrem ausgedörrten Mund. Wie der Regen die wabernden Nebel über dem Moor zerreißt, so hob sich der Schleier, der ihm bisher den Blick unter die Oberfläche ihres Ich verborgen hatte. Kronos schnaubte ungläubig und zwang mit der Klinge ihr Kinn höher, aus der dünnen roten Linie lösten sich unwillig, zögernd fast, erst einer, dann viele Tropfen dunklen schimmernden Blutes, die sich mit dem Regen mischten und in den Fetzen von Sunnyas Bluse versickerten. Er fühlte den Sog dieser Augen, die nackt und weit geöffnet für einen zeitlosen Moment nichts vor ihm verbargen. Plötzlich neidete er Methos diesen Besitz, sie zeigte ihm etwas, das er niemals haben konnte..... Sunnya senkte für einen Lidschlag die Augen, und dann war der magische Augenblick vorüber, er sah dieselbe Kälte, den gleichen Trotz wie vorher, gemischt mit leisem Triumph, und ließ ihn erkennen, dass die Sekunde des offenen Visieres kein Zeichen der Selbstaufgabe gewesen war, sondern Berechnung. Er verzog die Lippen und lächelte sie an, mit diesem ganz speziellen, so überheblichen Lächeln, das für die, die es zu deuten wußten, eine Ankündigung des Todes war. Es war sinnlos, sie am Leben zu lassen. Von ihr würde er nichts erfahren, dessen war er inzwischen sicher. Und ihr Tod wäre eine unmissverständliche Botschaft an Methos. Gerüchte verbreiten sich schnell, auch in unseren Kreisen, dachte er hämisch. "Ein letztes Wort? Soll ich Methos noch etwas ausrichten?" "Nicht nötig. Alles, was er wissen muß, wird er erfahren. Und du - eines Tages, wenn du es am wenigsten erwartest, wird meine Kraft dich verderben." Das Lächeln auf Kronos Zügen wandelte sich zu einer Grimasse purer Mordlust, seine Augen funkelten vor Erwartung. Oh, er genoss diesen kostbaren Moment vor dem tödlichen Schlag immer wieder. Es gab keine größere Macht ....... "Genug geredet! Schade, dass ich Methos nicht deinen Kopf schicken kann... " Sunnyas offen herabhängende Hände ballten sich zu Fäusten. Sie würde mit nur leisem Bedauern dieses Leben loslassen. Machte 1200 Jahre Leben das Sterben leichter? Für manche von uns, dachte sie.... Sie hatte gelebt im Zeichen des Hammers, und so würde sie auch sterben. Ein letzter, tiefer Atemzug leitete die Explosion ein, sie schnellte von den Knien hoch, auf Kronos zu und zog sich selbst die rasiermesserscharfe Klinge tief durch die Kehle, durchtrennte in einem Sekundenbruchteil Adern, Muskeln und Knochen. In einem geballten Augenblick der Ewigkeit hieß sie den Schmerz willkommen, den Schock und sprang in die Schwärze, die sich wie ein klaffender Riß in der Erdkruste vor ihr auftat, sie an sich zog mit unwiderstehlicher Macht und von allem Zwang befreite. Kronos reagierte eine Winzigkeit zu spät, sein Wutschrei begleitete ihren Sturz und ließ sie ein letztes mal.... lächeln.
Valhalla the gods await
me >Methos schrie, wie er noch nie geschrien hatte. Sein Schrei hallte in seinen Ohren, brach sich an den Wänden aus Dunkelheit zu einem pulsierenden Echo und wurde auf ihn zurückgeworfen.<
Ungläubig starrte der Mann auf den verkrümmten Körper zu seinen Füßen, dessen Blut seine Kleidung durchtränkte. Sie hatte sich geweigert, Opfer zu werden und ihm den endgültigen Triumph geraubt, indem sie ihn vom Herrn über Leben und Tod zum Handlanger ihrer Tat degradiert hatte! Verdammtes Stück! Schwer atmend und blaß vor Wut schwang er sein Schwert, schleuderte das anhaftende Blut von der Klinge und trat einen Schritt zurück. Leichter Wind kam auf, kühlte sein verschwitzes Gesicht, während körperlose weiße Energiefetzen die reglose Gestalt am Boden umwehten, wie suchend über sie hin schwebten, um sich dann zu grellweißen Fingern zu verdichten, die ihr Ziel fanden. Sie schlugen in Kronos' Schwert, trafen seine Brust, seinen Kopf und als er im Ansturm der Entladungen schrie, drangen sie in seinen Mund ein, in seine Augen. Blitze setzen Bäume und Hütten in Brand; eine der Entladungen zerschmetterte den Helikopter, in den sich bereits die ersten von Kronos' Männern zurückgezogen hatten. Ein Ring aus Feuer breitete sich lautlos um ihn und die Tote aus, schloß sie ein wie ein Ringwall, schirmte sie ab von der Welt und bildete den Hintergrund zu den Bildern, die ihn heimsuchten, so irreal wie deutlich. Schaumgekrönte Wellen schlugen über ihm zusammen, während er schrie, die Fänge eines grauen Wolfes gruben sich in seinen Schwertarm, eine körperlose Schar langhaariger Krieger mit Äxten und Schwertern überrannte ihn, der Mantel der Templer legte sich erstickend über sein Gesicht, und eine heisere Männerstimme flüsterte ihm zu >Du bist Geschichte!<, während er Sunnya lächeln sah. Er wurde von einem Orkan geschüttelt, riss die Waffe steil nach oben, schwankte und konnte sich nicht länger auf den Beinen halten; seine Knie gaben nach und noch immer raste die Kraft des Quickenings durch seine Adern. Als es endlich vorüber war, kniete er mit hängendem Kopf auf dem durchweichten Boden, die Hände im Schlamm aufgestützt und kämpfte um jeden Atemzug. Der Feuerring erlosch, und statt dessen glitten die Suchscheinwerfer der US-Hubschrauber über den Lebenden und die Tote hinweg und brachte blendenden Wechsel von Hell und Dunkel, die Äste bogen sich unter dem Luftdruck, und der Lärm wurde immer betäubender. Kronos schüttelte den Kopf, um die Schwäche und Benommenheit des Quickenings zu bekämpfen und erhob sich mühsam. Als die Hubschrauber am Rande des Lazaretts niedergingen, nutzte er die Sekunden der Dunkelheit, hob Sunnyas Schwert vom Boden auf und verschwand in der schweigenden schwarzen Mauer aus Bäumen, Blattwerk und Regen. Sie würden ihn nicht finden. Es war nicht sehr weit zu seinem Stützpunkt. Kein Problem für einen wie ihn.
Amanda klopfte mit dem Stift an ihre perfekten Zähne und schob das Telefon unentschlossen hin und her. Es half nichts, sie mußte das endlich erledigen. Seufzend griff sie zum Hörer und wählte. Die schrillen Klingeltöne drangen in seinen Schlaf, ließen ihn keuchend hochschrecken und verstört um sich stieren. Diese Töne gehörten nicht hierher.... Seit wann klingelt im Dschungel ein Telefon? Langsam realisierte er, dass dies nicht der Regenwald Südostasiens war, er keineswegs bis zu den Knöcheln im Schlamm stand, sondern in seinem durchgeschwitzen und zerwühlten Bett lag. Seine zitternden Finger tasteten in dem nur vom Lichtschleier der Großstadt erhellten Zimmer automatisch nach dem Telefon. "Ja?" krächzte er in den Hörer, unfähig, seiner Stimme Kraft zu verleihen.Der Traum....Es war so wirklich gewesen.Fahrig strich er mit den gespreizten Fingern durch seine nassgeschwitzten Haare, die in alle Richtungen abstanden. "Hier ist ..Amanda. Mein Freund, der General, hat mich informiert, dass.....es tut mir leid, wirklich...aber sie haben einen ausgebrannten Hubschrauber am Rande des Dorfes gefunden....und ein paar Tote. Darunter auch .." sie zögerte und holte tief Luft, " eine enthauptete Frau. Sie entspricht der Beschreibung, die du mir gegeben hast. Um sie herum waren die Spuren eines kreisförmigen Feuers zu erkennen." Schweigen. Es musste schlimm sein.... Schlimmer, als sie erwartet hatte. Amanda schluckte und hörte beklommen seinem stoßweisen, keuchendem Atem zu, bis Methos wortlos den Hörer auflegte. Er versuchte die Decke loszuwerden, die sich um ihn schlang wie ein lebendes Wesen, und als es ihm endlich gelungen war, setzte er sich auf den Bettrand, machte Licht und griff nach dem Halsreif, den Sigrun ihm vor so langer Zeit gegeben hatte und den er auf dem Teppich neben dem Bett hatte liegen lassen. Es war kein Reif mehr. In viele Fragmente zersprungen, lag das glänzende Silber zu seinen Füßen....und nur ein kleiner Teil davon lag in seinen zitternden Händen.. Es war wie immer - am Ende hielt er nichts mehr in seiner Hand - ihm blieben nur die Bruchstücke der Erinnerung. Er würde sich daran gewöhnen - wie immer.
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